Foto: T. Ruppert

1973 - 1974

Das Whitbread Race - Teil II

Dann beginnt das Rennen so, wie die Crew des Peter schon immer vermutet hatte. Ein Oldtimer kann mit den speziell für dieses Rennen entworfenen Schiffen nicht mithalten. Schon kurze Zeit nach dem Start verliert man sie aus den Augen und wird sie erst in Kapstadt wiedersehen. Die Winde auf der ersten Etappe sind insgesamt flauer als erwartet und vor der portugiesischen Küste steht nicht der erwartete "Norder " sondern ein strammer Südost. Kap Finisterre, Madeira, Gran Canaria, … die Augenblicke mit Landsicht sind rar. Dann schlägt das Schicksal zu, innerhalb weniger Stunden zerfetzen zwei Spinnaker und einen Tag später ein dritter. Die teilweise zu alten Segel werden geflickt und fortan wie rohe Eier behandelt. Dann schleicht das Schiff tagelang durch die Mallungen bevor man schließlich in den Einfluß des Passat kommt. Ein neues Großsegel kann nur nach etlichen Basteleien gesetzt werden. Schließlich ist ein weiterer Wegepunkt erreicht: der Äquator wird überquert. Über Funkkontakte wird klar, wie weit man hinter der Flotte herfährt. Am 30. Oktober erreicht der Peter Kapstadt. Zehn Tage nach dem Sieger der Etappe "Burton Cutter " und nur noch gefolgt von der "Pen Duick VI ", die sich allerdings in Rio de Janeiro einen neuen Mast abholen mußte.

Die Zeit in Kapstadt war knapp bemessen. Die notwendigen Reparaturen am Schiff sind in der kurzen Zeit bis zum Start der zweiten Etappe kaum zu bewältigen. Die Schäden am Rigg sind nicht unerheblich und der Rumpf braucht einen neuen Anstrich. Dazu müssen die Vorräte ergänzt werden. Erholung findet eigentlich nicht statt. Trotzdem: Verglichen mit dem Volvo Ocean Race 2001-2002 liest sich der Törnbericht der Crew wie ein historischer Abenteuerroman, wie ein Reisebericht aus romantischer Zeit.

Die zweite Etappe, von Kapstadt nach Sidney, begann zunächst völlig untypisch mit Flaute bis bestenfalls schwachem Wind. Doch schon am zweiten Tag gibt es Starkwind. Die Navigation war damals wesentlich schwieriger als heute, da man ja bei geschlossener Wolkendecke keine Möglichkeit der Astronavigation hat. So gerät der Peter in den Agulhas-Strom und bleibt weit hinter dem Feld der übrigen Teilnehmer zurück. Wieder hängt das Schiff in einer Schwachwindzone bis schließlich nach eineinhalb Wochen der erste Sturm der Roaring Forties den Vorgeschmack auf den weiteren Verlauf der Etappe bringt. Schon nach wenigen Tagen wird deutlich, daß die Bekleidung unter den extremen Bedingungen deutliche Mängel aufweist. Die Crew wird arg naß und leidet unter der Kälte. Das Schiff erweist sich als ausgesprochen seetauglich. An dem Tag, als man über Funk vom Tod eines Crewmitglieds der "Tauranga " erfährt, schafft man ein Etmal von 218 Seemeilen. Über Funk hört man von Havarien anderer Schiffe und dann gerät der Peter in den schwersten Sturm dieser Weltumsegelung. Es bläst durchgängig mit 9 Beaufort und mehr, der Seegang übertrifft alles, was die Mitsegler je erlebt haben, es ist eisig kalt und die Crew leidet an Übermüdung. Die meisten haben sich wegen der ständigen Nässe und Kälte eine Blasenentzündung zugezogen. Über Funk hört man von einem weiteren Todesfall. Die eigenen Sicherheitsmaßnahmen werden verschärft. Durch den Seegang gerät immer wieder die Ordnung unter Deck aus den Fugen. Einmal legt der Peter soweit über, daß das Skylight im Salon vollständig unter Wasser ist. Nach einer kurzen Schönwetterperiode gibt es wieder Starkwind. Die Belastung für Schiff und Mannschaft ist ungeheuer. Von den anderen Schiffen treffen Havariemeldungen ein. Dann bessert sich das Wetter. Der letzte Teil der Etappe wird wesentlich einfacher. Als der Peter schließlich die Ziellinie quert, sind seit der Ankunft der ersten Boote schon elf Tage vergangen. Aber dieses Schiff hat die harten und schwierigen Bedingungen besser überstanden als manch anderes Schiff. Stolz kann die Crew dies im Törnbericht festhalten.

„Immer wieder wird nach Havarien am Schiff gefragt. Da wir nichts Bemerkenswertes zu nennen wissen, sind sie alle sehr erstaunt, fast ungläubig. Als die Reporter wissen wollen, wieso gerade ausgerechnet dieser Oldtimer keinen wesentlichen Schaden genommen hat, stellt H. M. Admiral Steiner fest: »They are sailors, no yachtsmen.« - Welch eine Auszeichnung für die Lords vom Peter. ­Anschließend Einladung zum Ankunftsessen im Yachtclub. "

Die dritte Etappe, die von Sydney nach Rio de Janeiro führt, wird genauso hart wie die gerade überstandene. An Bord des Peter bricht sich ein Crewmitglied den Fuß und wird in Neuseeland zur Behandlung an Land gesetzt. Der Sturm verlangt Schiff und Mannschaft das Äußerste ab. Ein Brecher läßt den Peter so weit überholen, daß das Deck senkrecht steht und der Masttop das Wasser berührt. Seeschlag drückt die Bordwand des an Deck festgelaschten Beibootes ein. Über Funk erfährt man, daß ein weiterer Mann sein Leben im Südatlantik lassen mußte. Es wird noch kälter und noch nasser, weil zeitweise das Salonluk undicht ist. Über Funk melden andere Boote die Sichtung von Eisbergen. Erhöhte Wachsamkeit ist die Folge. Langsam kämpft man sich dem entgegen, was von vielen als Höhepunkt der Reise empfunden wird: Kap Hoorn. Am Abend des 1. Februar ist es dann soweit. HMS "Endurance ", die den Durchgang der Rennteilnehmer beobachtet begrüßt den Peter an der Südspitze Amerikas. In der folgenden Nacht passiert es. Ein Mann geht beim Pinkeln über Bord. Die Crew reagiert schnell und hat das notwendige Glück. Nach kurzer Zeit kann er wieder an Bord geholt werden. Unter Verzicht auf einen Kneipenbesuch geht es an den Falklands vorbei Richtung Rio. Doch kurz vor der Ziellinie stopp noch einmal eine hartnäckige Flaute das einlaufende Boot. Dreißig Jahre später erleiden die führenden Boote des Volvo Ocean Race an selbiger Stelle das nämliche Schicksal. Gegen Flaute hilft einem Segelschiff auch die ausgefeilteste Technik nicht.

Die vierte Etappe wurde selbstverständlich erst gestartet, nachdem sich die Crews beim und vom Carneval in Rio erholt hatten. Zwei verschiedene Varianten sind von Rio de Janeiro nach Europa generell möglich: Die kürzere entlang der südamerikanischen Küste und dann geradewegs nach Norden auf die Azoren zu. Die andere holt in einem weiten Bogen ostwärts auf den Südatlantik aus und trifft erst wieder bei den Kapverden auf den Kurs der ersten Variante. Dieser Kurs ist zwar länger, verspricht aber mehr Wind. Der Peter fuhr auf ersterem Kurs und hatte prompt auch wenig Wind und entsprechend kleinere Etmale. Als das Trinkwasser knapp wurde half man sich, indem man bei einem Schauer die Tanks mit dem Regenwasser wieder auffüllte. Der Peter ist noch südlich der Azoren, als über Radio die Meldung aufgefangen wird, daß das erste Schiff bereits in Portsmouth angekommen sei. Schließlich werden Wasser und Lebensmittel doch zu knapp und man läuft die Azoren an, um die Vorräte zu ergänzen. Damals war das Round-the-World Race noch mehr vom Geist des Mitmachens und Ankommens geprägt. Man stelle sich einmal vor, daß beim Volvo-Ocean-Race 2002 etwa ein Schiff wie die SEB schnell mal bei den Azoren einen Zwischenstop eingelegt hätte! Irgendwie scheint sich alles auf dieser Etappe dem Peter in den Weg stellen zu wollen. Als man schließlich nur noch den Englischen Kanal vor sich hat, zwingt ein kräftiger Nordost auch noch zum mühsamen Aufkreuzen. Am morgen des 30. April ist es dann aber so weit: Der Peter von Danzig überquert die Ziellinie.

Gewonnen hat dieses Rennen nicht etwa eines der Schiffe, die beim Start unter die Favoriten gezählt wurden, sondern die "Sayula II ", eine Swan 65 eines mexikanischen Millionärs und Gentleman-Skippers. Aber auch der Peter fuhr nicht ohne Preis nach Hause. Die Teilnehmer verliehen dem deutschen Schiff, das schon damals zu den Oldtimern gehörte den Preis "Best performance of a loosing yacht ", was keinesfalls ironisch oder abschätzig gemeint war, sondern als Respekt vor der seemännischen Leistung. So hatte es H.M. Admiral Steiner gemeint, als er sagte: They are sailors, no yachtsmen.